ChatGPT wird von Monat zu Monat beliebter. Doch das Tool, das bereits von mehr als 100 Millionen Nutzern weltweit verwendet wird, birgt noch viele Geheimnisse. Chester Wisniewski, Chief Technology Officer bei Sophos, beantwortet fünf schwierige und beunruhigende Fragen über die von OpenAI entwickelte künstliche Intelligenz.
ChatGPT wird nicht nur von normalen Internetnutzern, sondern auch von Cyber-Sicherheitstechnikern und Cyber-Kriminellen verwendet. Letztere verwenden es, um gefälschte E-Mail- und SMS-Nachrichten zu erstellen, mit denen sie ahnungslose Benutzer täuschen. Die Spezialisten von Sophos hingegen haben einen KI-basierten effektiven Spam-Filter entwickelt.
Das Sprachmodell von OpenAI ist so weit fortgeschritten, dass in vielen Ländern Diskussionen über eine gesetzliche Regulierung der Nutzung des Tools begonnen haben. Im März 2023 forderte das Future of Life Institute in einem offenen Brief an KI-Unternehmen und -Labors, die Arbeit für sechs Monate einzustellen. Bekannte Persönlichkeiten der Branche wie Elon Musk (Tesla, SpaceX) und Steve Wozniak (Mitbegründer von Apple) unterzeichneten den Appell ebenfalls, doch hatte er nicht die gewünschte Wirkung.
Chester Wisniewski, Chief Technology Officer bei Sophos, weist auf fünf Probleme hin, die jeder ChatGPT-Benutzer beachten sollte.
Kennen wir alle Funktionen der neuesten Version von ChatGPT?
Die Version des Sprachmodells mit der Nummer 4 scheint intelligenter und genauer zu sein als ihre Vorgängerin. Im Vergleich zu früheren Generationen ist es auch näher an dem, was wir als „denkende“ Fähigkeiten bezeichnen könnten. Wir kennen jedoch nicht alle Fähigkeiten des Tools. Es ist wichtig, daran zu denken, dass ChatGPT, obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass es sich irrt und Tatsachen falsch darstellt, immer geringer wird, noch lange nicht unfehlbar ist.
Ist es überhaupt ethisch vertretbar, ein Tool öffentlich zugänglich zu machen, das auch von Kriminellen genutzt werden kann?
Selbst wenn technologische Fortschritte unbequem werden, können sie nicht einfach gestoppt und für andere unsichtbar versteckt werden. Das Gleiche gilt für fortgeschrittene Sprachmodelle. Die Vorteile des Einsatzes künstlicher Intelligenz dürften weitaus größer sein als die potenziellen Gefahren. Der richtige Einsatz dieser Werkzeuge kann sehr viel Gutes bewirken.
Wird es jemals eine künstliche Intelligenz geben, die gegen den Missbrauch durch Cyber-Kriminelle immun ist?
Sicherheitsvorkehrungen können umgangen werden, auch die im ChatGPT-Sprachmodell verwendeten. Die Entwickler solcher Programme sind sich dessen bewusst und tun ihr Bestes, um die von Cyberkriminellen gefundenen Sicherheitslücken zu schließen. Mit jedem neuen Versuch, KI für unheilvolle illegale Zwecke zu nutzen, wird es daher schwieriger, die Schutzmechanismen zu überwinden. Wir leben jedoch in einem Zeitalter, in dem selbst ein Grundschüler lernen kann, wie man KI-Algorithmen hackt, indem er im Internet nach Informationen zu diesem Thema sucht. Dies wird in Zukunft schwieriger werden, obwohl es immer noch möglich sein wird.
Erzeugt ChatGPT überhaupt neue Inhalte oder verarbeitet es nur die Daten, die es von sich selbst gelernt hat?
Das einzige, was ChatGPT von sich aus erstellen kann, sind Lügen. Die KI ist ein wirklich überzeugender, aber selbstverliebter Lügner. Zweifelsohne wurden auch Informationen, die nicht der Wahrheit entsprechen, zum Trainieren des Modells verwendet. Es ist unmöglich vorherzusagen, zu welchem Zeitpunkt ChatGPT es zur Beantwortung der ihm gestellten Frage verwenden wird. Der Vorteil des Menschen gegenüber der künstlichen Intelligenz ist seine echte Kreativität und seine Fähigkeit, eine bewusste Entscheidung zu treffen, ob er lügen will oder nicht.
Gibt es eine Lösung für das Problem des Datenschutzes, das Nutzer in Tools wie ChatGPT eingeben?
Derzeit können wir uns nur auf die Versprechen in den Lizenzvereinbarungen verlassen, denen wir zustimmen, wenn wir KI-Tools einsetzen. Ich würde nicht davon ausgehen, dass eine Art „offene“ künstliche Intelligenz entstehen wird, die keine Nutzerdaten sammelt. Die fortschrittlichsten Modelle werden den großen Unternehmen gehören, die sehr viel Geld in ihre Entwicklung gesteckt haben. Es ist wichtig, daran zu denken, dass das Training von Algorithmen viel Rechenleistung erfordert, ihre Anwendung jedoch nicht. Es ist davon auszugehen, dass ältere KI-Versionen in naher Zukunft noch jedem, der sie nutzen möchte, kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
